Friedrich Luft, wer ist das, werden sich einige fragen? Nie gehört oder vielleicht vergessen? Doch Originale sollten nicht vergessen werden – Wilfried F. Schoeller hat die Feuilletons des 1990 verstorbenen Friedrich Luft neu ediert. Luft war nicht nur Theater- und Filmkritiker, er verfasste „Alltagsskizzen“ aus der Berliner Nachkriegszeit für unterschiedliche Zeitungen, wie dem „Tagesspiegel“ und der „Neuen Zeitung“. Er schrieb die Autobiografie von Max Ophüls. Er war für die Zeitgenossen die „Stimme der Kritik“: jeden Sonntagvormittag im RIAS Berlin, von 1946 bis 1990. Und Luft verabschiedete sich immer mit den gleichen Worten: „Wir sprechen uns wieder, in einer Woche. Wie immer – gleiche Zeit, gleiche Stelle, gleiche Welle. Ihr Friedrich Luft.“
Was, außer dieser geradezu unfassbaren langen „Luft“-Epoche, ist an diesem Feuilletonisten so bemerkenswert, dass es Bestand hat? Seine drastisch genaue Beschreibungskunst des Berliner Kriegselends, sein scharfer, genauer Blick. Er beschreibt die „ununterdrückbare Regsamkeit Berlins“, er sieht das Wunder des Wiederaufbaus, bereits 1946 wurde in Berlin an fast 200 Stellen wieder Theater gespielt. Er macht klar – und hatte es damals leichter zu überzeugen, dass Kunst kein Schnörkel des Alltags ist, sondern „notwendig, gerade jetzt in der Not. Erst der Geist füllt das Leben“. Das sind schöne, wahre Sätze, und Friedrich Luft hat bis kurz vor seinem Tod jeden Sonntag dafür gekämpft. Wilfried F. Schoeller hat einen Zeitgenossen wieder ans Licht gebracht, der meinungsprägend, amüsant, aufheiternd und ernst dem Publikum einen Weg wies. Friedrich Luft traf ins Schwarze mit nebenbei Bemerktem. Man lacht und glaubt zu hören, wie er sagt: „Mann, machense doch keene Faxen“.
Verena Auffermann
Friedrich Luft: Über die Berliner Luft. Feuilletons. Die Andere Bibliothek. Berlin, 14. Sep 2018
Mit Übertragung in Gebärdensprache