Als die deutsch-ungarische Schriftstellerin Terézia Mora 1999 mit ihrem Debüt, dem Erzählungsband „Seltsame Materie“ furios in ihre literarische Karriere startete, deuteten sich bereits zwei zentrale Charakteristika in ihrem Schreiben an: ihr besonderes Interesse an Randexistenzen, Heimatlosen und Menschen in prekären Lebenslagen, sowie ihre eigensinnige, vielstimmige, oft schonungslose und doch zarte Sprachkraft. In ihrem ersten Roman „Alle Tage“ (2004) ging es um einen weltfremden Übersetzer vom kriegsversehrten Balkan namens Abel Nema, ein Sprachgenie, in dessen bewegter Lebensgeschichte sich die Hysterie und Komplexität der gesellschaftlichen Gegenwart widerspiegelte. In „Der einzige Mann auf dem Kontinent“ (2009) entwirft Mora das Porträt des gutmütigen und plumpen Informatikers Darius Kopp, der angesichts der Unwägbarkeiten der New Economy gänzlich zu scheitern droht. Existenzielle Schicksalsschläge zwingen Kopp in Moras Nachfolgeroman „Das Ungeheuer“ (2013), sich endgültig auf die Suche nach dem eigenen Selbst zu begeben. Mit bestechender Beobachtungsgabe seziert die Autorin in ihrem Erzählband „Die Liebe unter Aliens“ (2016) die Seelenräume ihrer Figuren und entwirft dabei ein eindringliches Bild der „Taubheit einer Gesellschaft, die sich nicht mal mehr auf die Liebe einlassen kann“. Terézia Mora wurde 1971 in Sopron, Ungarn, geboren und wuchs zweisprachig auf. 1990 kam sie nach Berlin und studierte Hungarologie und Theaterwissenschaft an der Humboldt Universität. Für ihr Gesamtwerk wurde ihr in diesem Jahr der Georg-Büchner-Preis zugesprochen. Außerdem zählt sie zu den renommiertesten Übersetzerinnen aus dem Ungarischen und übersetzt u. a. Péter Esterházy, Péter Zilahy und Zsófia Bán.
Auszeichnungen u. a.: Open Mike-Literaturpreis, Würth-Literaturpreis (1997), Ingeborg Bachmann-Preis (1999), Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis (2000), Jane-Scatcherd-Übersetzerpreis (2002), Preis der Leipziger Buchmesse (2005), Stipendium Villa Massimo, Rom (2006), Adelbert-von-Chamisso-Preis, Erich-Fried-Preis (2010), Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW (2011), Deutscher Buchpreis (2013), Preis der Literaturhäuser, Solothurner Literaturpreis (2017), Georg-Büchner-Preis (2018).
Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Seltsame Materie“, Erzählungen, Rowohlt, Reinbek 1999
– „Alle Tage“, Roman, Luchterhand, München 2004
– „Der einzige Mann auf dem Kontinent“, Roman, Luchterhand, München 2009
– „Das Ungeheuer“, Roman, Luchterhand, München 2013
– „Nicht sterben. Frankfurter Poetik-Vorlesungen“, Luchterhand, München 2015
– „Der geheime Text. Stefan-Zweig-Poetikvorlesung“, Sonderzahl, Wien 2016
– „Die Liebe unter Aliens“, Erzählungen, Luchterhand, München 2016