Sein Einstieg in die deutsche Literatur war stürmisch: Mit drei erschienenen Büchern in einer Saison machte Hans Pleschinski 1984 auf sich aufmerksam. Nebenher fand er noch Zeit und Elan, beim Bayerischen Rundfunk als freier Mitarbeiter anzufangen, eine Tätigkeit, der er heute noch nachgeht. Mit Satire und Parodie unterlief der damals 28-jährige, soeben fertig mit seinem Studium der Germanistik, Romanistik und Theaterwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München, in seinen ersten Titeln die grassierende Ich-Sucht in der Belletristik seiner Generation und bereicherte fortan das literarische Leben mit geschichtsträchtigen Stoffen.
Nach seinem Mittelalter-Roman „Pest und Moor“ (1985) schaffte er es Jahre später, 1993, im Rückblick auf die eigene Geschichte, eine Jugend im deutsch-deutschen Grenzland zu schildern. „Ostsucht“ war zugleich ein bahnbrechender Publikums- wie Kritikererfolg. In „Brabant“ (1995) bricht eine Schar schiffstüchtiger Vertreter eines Kulturvereins auf, den Amerikanern an Ort und Stelle ihren „way of life“ auszutreiben. In „Ludwigshöhe“ (2008) versammeln sich lebensmüde Münchner, um am Ende doch zum Leben zurückzukehren. Auch hier ist der satirische Anstrich seiner Prosa unverkennbar.
Das „Bildnis eines Unsichtbaren“ (2002) hingegen war nicht nur ein ergreifendes Requiem für einen Freund, der an Aids starb, sondern das Porträt eines Milieus, in dem eine um sich greifende existentielle Angst die Seelen erfasste. Mit seinem Thomas-Mann-Roman „Königsallee“ (2013) und seinem Gerhard-Hauptmann-Roman „Wiesenstein“ (2018), beide gründend auf umfangreichen historischen Recherchen und großer Fabulierlust, erweist sich der nun auch schon über sechzigjährige Hans Pleschinski als Meister biografischen Erzählens. Die zeitbedingten Umstände am Lebensende der beiden Literaturnobelpreisträger sind es, von denen Pleschinski erzählt. Mit seinen jüngsten Büchern erreicht er nicht nur ein literaturgeschichtlich interessiertes Publikum, sondern auch Leser und Zuhörer, die nachvollziehen mögen, wie widrige Zeitumstände die Leben außergewöhnlicher Menschen verletzen. (H. St.)
Auszeichnungen u. a.: Hungertuch-Preis (1984), Förderpreis des Freistaates Bayern, Literaturförderpreis des Landes Niedersachsen (1986), Tukan-Preis der Stadt München (1995, 2002), Stadtschreiber von Amman, Jordanien (2004), Nicolas-Born-Preis, Writer in Residence Miami University, Oxford, Ohio (2008), Chevalier des Arts et des Lettres, Ernst-Hoferichter-Preis (2012), Münchner Literaturpreis, Niederrheinischer Literaturpreis (2014).
Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Gabi Lenz. Werden & Wollen. Ein Dokument“, Haffmans, Zürich 1984
– „Nach Ägypten. Ein moderner Roman“, Haffmans, Zürich 1984
– „Pest und Moor. Ein Nachtlicht“, Haffmans, Zürich 1985
– „Der Holzvulkan. Bericht einer Biographie“, Haffmans, Zürich 1986
– „Ostsucht. Eine Jugend im deutsch-deutschen Grenzland“, C. H. Beck, München 1993
– „Brabant. Roman zur See“, Roman, Schöffling & Co., Frankfurt a. M. 1995
– „Byzantiner und andere Falschmünzer. Elf Lichter im Dunkel“, Schöffling & Co., Frankfurt a. M. 1997
– „Zerstreuung. Spanische Novelle“, Ed. Epoca, Zürich 2000
– „Bildnis eines Unsichtbaren“, Roman, Hanser, München 2002
– „Leichtes Licht“, Roman, C. H. Beck, München 2005
– „Verbot der Nüchternheit. Kleines Brevier für ein besseres Leben“, C. H. Beck, München 2007
– „Ludwigshöhe“, Roman, C. H. Beck, München 2008
– Voltaire – Friedrich der Große: „Briefwechsel“, Hrsg. und Übers., dtv, München 2010
– „Nie war es herrlicher zu leben. Das geheime Tagebuch des Herzogs von Croÿ“, Hrsg. und Übers., C. H. Beck, München 2011
– „Königsallee“, Roman, C. H. Beck, München 2013
– „Wiesenstein“, Roman, C. H. Beck, München 2018